Kurze Zürich-Geschichten

bäckermeister wackerbold

Um 1280 rum lebte im Niederdorf der Bäckermeister Wackerbold. Weil er zu leichte Brote verkauft habe, oder weil er Sägemehl unter das Mehl gemischt hatte, so genau ist das nicht überliefert, wurde er an den Pranger am Limmatufer beim Rathaus gestellt.

Er wurde in einen Korb gesperrt, und immer wieder in die Limmat getaucht. Die Leute beschimpften und bespuckten ihn während er wehrlos zur Schau gestellt war.

Wackerbold beschloss eine schlimme Rache. Er füllte seine Bäckerei und sein Haus im Niederdorf  mit dürrem Reisig und beim nächsten Fönsturm zündete er es an. Das Niederdorf brannte lichterloh!

Der unglückselige Bäcker verschwand und ward nie mehr in der Stadt gesehen.


Das Haus zum schwarzen Garten

Kennst du das Haus Zum schwarzen Garten in Zürich? Es liegt im Niederdorf, an der Stüssihofstatt. Im 15. Jh wurde es bewohnt von Felix Glöckner und seiner Glockengiesser Familie. 1453 machte Felix sich auf einen Kreuzzug nach Ägypten. Das wertvollste Juwel, dass er zurück brachte war eine wunderschöne schwarze Frau. Die Zürcher hatten noch nie zuvor einen dunkelhäutigen Menschen, geschweige denn eine solche Schönheit gesehen. Um sie vor den neugierigen Blicken zu schützen sperrte er sie in sein Haus ein. Um ihr das Paradies auf Erden zu bieten, verwandelte er den Innenhof in einen wunderbaren tropischen Garten. 

Noch heute ist nicht klar, weshalb das Haus Zum schwarzen Garten heisst. Wegen der schwarzen Frau? Oder weil es einen Brand gegeben haben soll, um diese tragische Geschichte zu beenden?


Die abenteuerliche geburt

Johannes Caspar Lavater erblickte im Jahre 1741 an der Spiegelgasse 11 im Zürcher Niederdorf die Welt. Als 12. Kind überrumpelte die schnelle Geburt seine Mutter, welche ihn demzufolge alleine gebahr. Er war blau angelaufen, aber noch schlimmer: er atmete nicht! Die herbeigeeilte Hebamme nahm schnell ein paar Zehen Knoblauch, verkaute sie und hauchte dem Neugeborenen in die Nase. Vom scharfen Dunst schockiert nahm das Baby einen tiefen Atemzug!

Lavater wurde berühmt als Verfasser von 3 Büchern über die Physiognomie: eine Wissenschaft, die den Charakter eines Menschen anhand seiner Gesichtszüge erkennen will. Dabei unterstütze ihn niemand anderes als sein guter Freund Goethe, welcher ihn drei Mal in Zürich besuchte. Zu dieser Zeit war es sehr schick, einen Physiognomen an der Teeparty dabeizuhaben, der in alle Anwesenden positive Eigenschaften hinein interpretierte.
Vor allem aber war Johannes Caspar Lavater Pfarrer der St. Peter Kirche. Als brillanter Rhetoriker verstand er es, die Menschen in die innersten Winkel ihres eigenen Ichs zu führen, die sie selber noch gar nicht kannten. Er war so populär, dass die Menschen von weither zu seinen Gottesdiensten kamen und ihm fast die Kirchtür einrannten.

pfarrhaus des schreckens

Klingler, oberster Pfarrer Zürichs, bewohnte 1701 mit seiner Frau und seiner kleinen Tochter das Antistitium am Zwingliplatz 4. Ausserdem wohnten zwei Mägde im Haus sowie der Hausgast Wirz, ein Theologe, der auf eine Anstellung wartete.


Die Pfarrersfrau hatte in ihrem Schlafzimmer ein Glöcklein befestigt, damit das kranke Töchterlein sie über eine Schnur rufen konnte in der Nacht. Auf einmal bimmelte das Glöcklein wie wild, obwohl das Mädchen sich nicht gerührt hatte! In den folgenden Nächten ging der Spuk weiter: schleppende Schritte waren vom obersten Stock hörbar und die Pfarrersfrau vermutete sofort den Geist eines verstorbenen Verwandten. Über die nächsten Tage wurde es immer schlimmer: Bücher flogen aus den Regalen, Eimer wurden umgeworfen, Möbel verschoben und Türen knallten. Bei einer Geisterjagd stellte der clevere Wächter Hans Müller fest, dass ihm ein Buch in den Rücken geworfen wurde, dass genau aus der Richtung des Theologen Wirz kam und es traf ihn ein Apfel, geworfen von einer Magd. 

Nun flog alles auf: Wirz und die Mägde hatten den Spuk inszeniert, indem sie Schnüre an Gegenstände gebunden hatten. So konnten die Verschwörer des Nachts Unzucht miteinander treiben und den Lärm auf den Poltergeist abschieben. Für den kopflosen Wirz endete die Geschichte unter dem Schwert des Richters.

Festgehalten ist dieses Ereignis in einem 300 jährigen Tagebuch, dem «Diarium Tragediae Diabolicae», das mit buchhalterischer Genauigkeit die Taten des Poltergeists festhält.


Von der Erfindung der WC Ente

1951 kämpft Maria Düring, eine Hausfrau aus Zürich, daheim gegen eine verkalkte Toilette. In ihrem Keller erfindet sie ein Reinigungsmittel auf Salzsäurebasis. Es dauert drei Jahrzehnte bis ihr Sohn, Walter Düring, die Idee wieder aufnimmt. Zusammen mit seiner Frau Vera bringt der Drogist das Reinigungsmittel zur Serienreife und entwickelt einen Holzprototypen, welchen er patentieren lässt. Charakteristisch ist der lange, geschwungene Hals der Flasche, mit der man die Flüssigkeit unter den WC-Rand spritzen kann. Bei einem Spaziergang am See bemerken sie die Ähnlichkeit des Entenhalses mit der Form des Flaschenhalses -  sie taufen das Produkt WC-Ente!

Fakt ist, dass die WC-Ente ein paar Jahre nach der Lancierung weltweit millionenfach verkauft wurde und andere geniale Produkte, wie Durgol, folgten. Am Sitz des Familienbetriebs in Dällikon ZH sichern 36 Mitarbeiter die Zukunft der Düring AG. Über 60 Patente schützen die WC-Ente vor Nachahmern.


Termin-Chaos bei der einladung von freunden

Ein junger Aargauer kommt für das Informatikstudium nach Zürich. Schon als Myke Näf mit 13 seinen ersten Computer geschenkt bekommt, hört er, dass die ETH ihn ruft.

Ein paar Jahre später arbeitet er als Dozent an der ETH. Myke möchte ein paar Freunde zum Dinner einladen. Die Terminfindung erweist sich als äusserst mühsam. Er sucht eine Lösung für das Problem: der online Terminplaner Doodle ist geboren!

Wie er auf den Namen gekommen ist? Das englische Worte „to doodle“ (kritzeln) sei in seinem Wortschatz gewesen, habe einen guten Klang gehabt und eine entsprechende Domain wäre auch noch frei gewesen. Zusammen mit Paul Sevinç gründet er im Technopark eine Firma, die er 7 Jahre später an TA Media verkauft. Ein Leben ohne Doodle kann man sich heute kaum mehr vorstellen: 30 Millionen Menschen nutzen das praktische Tool weltweit. Und Myke Näf fliegt heute als Business Angel umher und unterstützt Start-ups, von seinem Büro aus, im Haus zum Schwert, auf der Gemüsebrücke.


der beamer und seine zürcher wurzeln

Die ETH ist Quelle vieler innovativer Ideen. 1939 stellt der ETH Professor Fritz Fischer ein Gerät vor, dass er Eidophor nennt. Der Name kommt aus dem griechischen und bedeutet "Bildbringer". Erstmals können Kino- und Fernsehbilder grossflächig projiziert werden. Allerdings ist das Gerät riesig und füllt zwei Stockwerke des Physikgebäudes an der ETH. 14 Jahre später folgt der erste tragbare Eidophor.

Bis in die späten 1980er Jahre kommt der Eidophor vor allem bei Tagungen, Vorlesungen und Seminaren zum Einsatz. Auch das Fernsehen hat ihn für Hintergrund Projektionen in den Studios entdeckt.

 

Lange war er für wichtige Sportevents kaum wegzudenken.


Mordnacht in zürich

In der Nacht vom 23. auf den 24. Februar 1350 versuchten Adlige Zürich wieder unter ihre Kontrolle zu bringen. Ausgangslage war die Zunftrevolution von Bürgermeister Rudolf Brun. Mit Hilfe von Handwerkern vertrieb Brun im Jahr 1336 die Ratsherren aus der Stadt und bildete mit den Zünften einen neuen grossen Stadtrat.

In der Mordnacht von Zürich versuchten mehrere Adlige mit ihrer Gefolgschaft Bürgermeister Brun und seine Anhänger im Schlaf zu ermorden und die Stadt an sich zu reissen. Verschwörer im Inneren öffneten für ihre Verbündeten die Stadttore, damit sie eindringen konnten. Die Verschwörer versuchten das Läuten der Sturmglocke im Grossmünster und damit das Sammeln der wehrfähigen Männer zu verhindern. Durch die ganze Nacht hindurch wurden erbitterte Gefechte in den Strassen Zürichs ausgetragen. Besonders blutig waren die Kämpfe bei der Zunft zum Widder (Nähe Lindenhof). Wachsame Bürger haben sich gegen die Adligen gestellt und einen Anschlag auf Bürgermeister Brun verhindert. Allen voran haben die Metzger mit ihren Schlachtbeilen und Messern grimmige Arbeit geleistet und die Putschisten vertrieben. Als Dank erhielten sie vom Zürcher Rat den „Isengrind“, einen goldenen Halblöwen auf einer Stange, geschenkt, der noch heute sinnbildlich an den Umzügen mitgetragen wird. Rund 30 Menschen starben in der Mordnacht und die meisten Gefangenen liess Bürgermeister Brun rädern oder köpfen.


"Rapunzel", die ausbüxerin 

In der Nacht vom 13. Februar 2018 ist der Krankenwagen von "Schutz und Rettung" auf der Autobahn in Zürich unterwegs. Plötzlich entdecken die Sanitäter einen Gegenstand am Rand der Autobahn und beschliessen nachzusehen, was da liegt. Sie entdecken eine unterkühlte, schwer verletzte Deutsche Schäferhündin. Da die Tierambulanz zu lange gebraucht hätte, nehmen sie das Tier auf, versorgen es medizinisch und wärmen es mit Decken. Sie geben der Hündin den Namen "Rapunzel" und fahren sie direkt ins Tierspital, wo sie notoperiert wird. Später stellt sich heraus: Rapunzel kommt aus Frankfurt am Main, wo sie seit mehr als 8 Monaten als vermisst gilt. Sie muss mehr als 400 Kilometer zurückgelegt haben. Dank den leidenschaftlichen Sanitätern, die Empathie auch gegenüber dem Tier bewiesen, ist sie endlich wieder daheim.
Schön, gibt es solche Menschen!


FLUCHT INS SÜNDIGE BADEN

In der Zeit nach der Reformation wurden den Zürchern strenge Sittenmandate verhängt. Anstatt lasterhaft zu leben predigte man Arbeit und Bescheidenheit. Feste wurden zu dieser Zeit keine mehr gefeiert in Zürich, Ausgehen war nicht erlaubt.

 

Um davor für kurze Zeit zu entfliehen, liess man sich vom Arzt eine Kur verschreiben und musste dafür nach Baden zum baden. Im katholischen Baden, in den grossen Bottichen, wurde nicht immer ganz allein gebadet. Ausserdem gab es jeden Samstag Tanzveranstaltungen. 

 

Manch eine Frau sicherte sich zwei bis drei Fahrten nach Baden pro Jahr im Ehevertrag, um hin und wieder dem zwinglianischen Ernst zu entkommen.


DER NACKTE AUF DEM HIRSCH

Vor dem kleinsten Zürcher Bezirksgericht in Andelfingen muss sich ein 56-Jähriger verantworten. Er wird beschuldigt, gegen die Polizeiverordnung der Gemeinde Trüllikon verstossen und Sitte und Anstand verletzt zu haben. Der Künstler aus dem deutschen Rottweil hat sich im April 2017 mitten in Trüllikon nackt auf die Hirschskulptur vor dem Restaurant Hirschen gesetzt und sich so fotografiert. Er wähnte sich allein, aber eine Familie beobachtete ihn aus einem Nachbarhaus und erstattete Anzeige.

Darauf flatterte dem Künstler eine Busse von hundert Franken ins Haus, die er nicht akzeptiert. Der Richter befragt den Mann ausführlich. Es geht ihm um die Freiheit der Kunst. Und seine Kunst besteht nun mal aus Fotos, auf denen er – meist nackt – neben Skulpturen posiert. Mal in Trüllikon, mal in Berlin. 

Der Künstler zeigt dem Gericht einige seiner Werke. Fotos, die ihn hüllenlos vor Skulpturen zeigen, meist ahmt er deren Pose nach. Warum er diese Kunst mache, will der Richter wissen. «Fragen Sie Joseph Beuys, warum er seinen Fettfleck machte», entgegnet der Beschuldigte. «Kunst lässt sich nicht auf eine Erwartung einengen.» Der Trülliker Hirsch sei ein Naturmotiv, da habe er nur unbekleidet dazu gepasst: «Es war die Inspiration dieses Moments.»

Der Beschuldigte hält das Plädoyer selbst. Er verlangt einen Freispruch. Der lange Tag endet für ihn mit einem Freispruch. Begriffe wie «Sitte und Anstand» seien zu schwammig, um als Grundlage für eine Strafe zu dienen.

Quelle: Tages-Anzeiger


DER KAMPF GEGEN DIE SCHNABELSCHUHE

Zu allen Zeiten hat sich das Volk zu allerlei Modetorheiten verleiten lassen, wogegen Rat und Kirche meist vergeblich ankämpften. Vor ein paar hundert Jahren verbreitete sich von Frankreich her die Mode der Schnabelschuhe. Diese Schuhe liefen vorne zu einer unnatürlich langen Spitze aus.

Auch in Zürich bürgerte sich diese Mode rasch ein. Zwar verbot der Rat das Tragen des unpraktischen Schuhwerks. Doch die Zürcher Bürger und Bürgerinnen setzten sich über das Verbot hinweg. Während mehr als hundert Jahren blieben die Schnabelschuhe Mode. Da endlich beschlossen im Jahre 1459 die Zürcher Schuhmachermeister, dass mit Beginn des neuen Jahres weder Meister noch Gesellen Schnabelschuhe tragen dürften und dass jedem, der mit solchen Schuhen auf der Zunftstube erscheine, die Schnäbel abgeschnitten werden sollten. 

Nicht alle Mitglieder der Schuhmacherzunft waren über diese neue Vorschrift erfreut. So erschien, trotz des Verbotes, der Geselle Ulrich Steiger zum Abendtrunk auf der Zunftstube in Schnabelschuhen. Während er nichts Böses ahnend einen tiefen Zug aus seinem Becher tat, schnitt ihm sein Kollege Hartmann Lienhart mit einem Messer eine Schuhspitze ab. Die beiden gerieten sich in die Haare. Es kam zu einer schlimmen Rauferei, in welche sich noch andere Zünfter einmischten.

Die Schnabelschuhe konnten wohl verboten, aber nicht aus der Welt geschafft werden. Deshalb suchte der Rat nach einem Mittelweg. Er verbot fortan nur noch die allzu langen Schnäbel. Aber auch diese Anordnung wurde häufig übertreten.

Quelle: stadt-zuerich.ch


VOM VOLKSMARSCH ZUM WANDERN

Es begann vor 70 Jahren

In der Wirtschaftskrise der Dreissigerjahre suchten Bürgerinnen und Bürger nach sinnvoller Beschäftigung . Die Zürcherische Arbeitsgemeinschaft für Wanderwege, die sich auch als Gegenpol zur aufziehenden Motorisierung verstand, begann mit der Signalisierung von 14 Wanderrouten, die sternförmig von Zürich aus in alle Teile des Kantons führten. Im Zweiten Weltkrieg mussten allerdings alle Wegweiser aus militärischen Gründen verschwinden und in der Hoffnung auf bessere Zeiten eingelagert werden. In der Aufbruchstimmung der Nachkriegszeit wuchs das Netz der Wanderwege rasch.

Radiowanderungen als Volksbewegung

Der Obwaldner Pionier Albert Rohrer erfand Anfang der Sechzigerjahre fast zufällig die Radiowanderungen: An einer Sendung im Radiostudio Zürich über die Wunder der Natur sprach man auch übers Wandern, und Rohrer schlug vor, Wanderungen am Radio zu organisieren. Radiowanderungen, von vielen mit Freude erlebt und von andern belächelt, entwickelten sich zu einer Art Volksbewegung, mit zuweilen über Tausend Sommerfrischlern! 

Nach Spitzen in den Siebziger und Achtzigerjahren ebbte die Faszination an diesem Massen-Naturerlebnis ab. 2003 fand die allerletzte Radiowanderung statt. 

Quelle: zkb.ch


CASANOVAS LIEBESABENTEUER IN ZÜRICH

Aus Casanovas Tagebuch

 

Als Giacomo Casanova im April 1760 im Hotel Schwert am Weinplatz logierte, verliebte er sich unsterblich in eine «feurige Brünette mit schwarzen grossen Augen», die im selben Hotel übernachtete. Um ihr näher zu kommen, verkleidete er sich als Kellner, servierte der Madame aus Solothurn das Essen und half ihr beim Ausziehen der Stiefel. Total enttäuscht musste er am nächsten Tag die Abreise seiner Angebeteten beobachten. Casanova reiste Frau von Roll nach Solothurn nach, wo es ihm schliesslich gelang, die verheiratete Frau für ein nächtliches Treffen zu gewinnen.
Doch der Verführer wurde aufs Schändlichste hereingelegt…


VERKEHRSPROJEKTE UND WAS DAVON ÜBRIG BLEIBT

Zürichs grosse Tunnelträume

Das zweifellos verkehrsärmste Nationalstrasenstück der Schweiz liegt unter dem Haupfbahnhof. Mit Ausnahme von Kipplastern und Baumaschinen hat bis heute noch kein Fahrzeug diesen Autobahnabschnitt benutzt. Weder am einen noch am anderen Ende ist der 200 Meter lange und 25 Meter breite Tunnel an eine Strasse angeschlossen. Geschweige denn, an eine Autobahn. Seit einem Vierteijahrundert wartet der Rohbau auf seine Bestimmung. Und die ist nun klar: Die Expressstrasse wird zum Fahrradweg.
In den 1980er-Jahren, als die Planung für den Bau der S-Bahnhofs Museumstrasse begann, stand auf der Traktandenliste des Zürcher Regierungsrates noch ein sogenannter Stadttunnel. Er sollte den Verkehr unterirdisch quer durch die Stadt befördern. SBB und Kanton kamen bei der Planung des S-Bahnhofs überein, den kritischen Autobahnabschnitt dort schon mal vorsorglich einzubauen. Kritisch deshalb, weil die neuen Perrons bis tief ins Grundwasser reichen würden und der nachträgliche Einbau aufwändig geworden wäre. Skeptiker befürchteten gar, ein späterer Eingriff in die Statik könnte den gesamten Tiefbahnhof zum Bersten bringen.
Dieses Teilstück der unterirdischen Zürcher Autotransversale sollte das einzige bleiben. 2007 trug der Kantonsrat das auf 2,5 Milliarden Franken veranschlagte Stadttunnelprojekt zwar mit dem Einverständnis der Stadt in den kantonalen Richtplan ein, der Stadtrat von Zürich hat die Idee zwischenzeitlich aber von der Liste gestrichen. Im Klartext: Das Projekt ist offiziell nicht gestorben: die Wahrscheinlichkeit, dass es je realisiert wird, ist jedoch praktisch gleich Null. 
Als Zwischennutzung darf die Stadt bis mindestens 2041 den Tunnel für Velos freigeben. Am 13. Juni 21 stimmen die Stimmberechtigten in der Stadt Zürich darüber ab, ob sie bereit sind, 27 Mio. zu investieren, damit der Ausbau zum Velotunnel inkl. neuen Zufahrten und Beleuchtungskonzept realisiert werden kann. Der Baubeginn ist für 2022 geplant, die Umsetzung dauert 2 Jahre.


Geheimer als geheim: K85

Zwischen Friedenskirche und Europainstitut liegt eine Blumenwiese, die zur Universität hin ansteigt. Mittendrin ein gigantischer Lüftungsschlitz und rechterhand eine metallene Tür, die nirgendwo hinzuführen scheint als direkt in den Boden: Hirschengraben 54.
Die Anlage ist unter Alarm. Ein Gittertor. Zwei Panzertüren. Dann die NEMP-Schleuse (nuklear elektromagnetischer Puls) mit zwei noch dickeren Exemplaren. "Sicherer geht es nicht".
Zwei Aufzüge fahren in die Tiefe, der Bummler mit Halt an allen Stationen und der Express direkt ins 9. Untergeschoss. Dort führt ein Gang - wiederum durch sechs schwere Türen - hinaus in den S-Bahnhof Tunnel zwischen Stadelhofen und Hauptbahnhof.

Das tiefe Loch mit ovalem Grundriss, in dem sich K85 versteckt, diente ursprünglich als Zugriffsschacht beim Bau des S-Bahn-Tunnels. Statt ihn wieder aufzufüllen, baute man 1989 einen zehnstöckigen militärischen Bunker ein, dessen Treppenhaus gleichzeitig als ziviler Notausstieg diente. Der Bunker war mit einem elektronischen Stellwerk bestückt, mit dem sich in Krisenlagen der gesamte Eisenbahnverkehr auf der Nord-Süd-Achse steuern liess. K85 war die Kommandoanlage des Eisenbahnregiments III, genutzt von der Armee. 
Hier übten Eisenbahner im grünen Gewand den Ernstfall. Sie wurden spätnachts mit einem Extrazug zum verborgenen Eingang im Tunnel gebracht und wohnten für die Dauer des WK in der Anlage. In K85 gab es alles, was es zum Leben braucht. 2003 wurde der Militäreisenbahndienst aufgelöst. "Aber alles ist so, dass man K85 ohne grossen Aufwand wieder in Betrieb nehmen könnte".


DER MARKUSLÖWE VON ZÜRICH

Der Markuslöwe ist bekannt als Symbol der Republik Venedig

Aber auch Zürich hat einen Markuslöwen: Zeuge eines Städtebundes mit Bern und Venedig. Mit der Allianz sicherten sich die Venezianer die Handelswege nach Norden und Frankreich. Mit dem Abkommen erhielt Venedig das Recht, bei Bedarf ein Zürcher und ein Berner Regiment anzuwerben. Die Schweizer Soldaten galten als gefürchtete Kämpfer und waren heiss begehrt. Im Gegenzug bekamen die beiden Schweizer Städte Freiheiten im Handel, von der vor allem die Zürcher Textilindustrie profitierte.

Venedigs Gesandter, Giovanni Battista Padavino, machte an zahlreichen Essen mit Persönlichkeiten der Stadt Bekanntschaft mit dem repräsentativen Zunftsilber, das zu jener Zeit bei feierlichen Essen aufgedeckt wurde. Offensichtlich hat ihn dieser Tischschmuck beeindruckt, denn er beschloss, den Zürchern einen Markuslöwen aus vergoldetem Silber zu schenken. Dieser ist hohl ausgegossen. Sein Kopf kann abgenommen und als Trinkgefäss genutzt werden. 1608 wurde das Geschenk feierlich überreicht und wer weiss, vielleicht hat ja genau dann die Faszination der Zürcher für den Löwen begonnen...


GUTMENSCH "DUTTI"

Gottlieb Duttweilers Herz für Tiere

1954 machte eine einmalige Rettungsaktion von Schildkröten Schlagzeilen. Damals kaufte Migros-Gründer Gottlieb Duttweiler 20'000 Schildkröten und rettete sie vor dem sicheren Tod. Aus Jugoslawien kommend, hätten sie eigentlich zu Dosensuppe verarbeitet werden sollen. In Kisten wurden die Panzertiere zwischengelagert, bevor sie zu Konservendosen abgefüllt werden sollten. Der Weitertransport verzögerte sich. Niemand kümmerte sich um die Tiere – sie wären fast verendet. Als Gottlieb Duttweiler davon erfuhr, kaufte er die Tiere kurzerhand und die Migros verkaufte sie daraufhin zum Selbstkostenpreis von drei Franken weiter. Das Motto «Osterüberraschung für die kleinen und grossen Tierfreunde: lebende Schildkröten» kam bei Kundinnen und Kunden sehr gut an. Die Tiere waren in kürzester Zeit ausverkauft.

In der Folge veröffentlichte der Brückenbauer (heute Migros Magazin) Anweisungen, was die Tiere gerne fressen und wertvolle Tipps zur Haltung.

Einige dieser Schildkröten leben noch heute und sind quicklebendig..

Quelle: Migros Magazin


URANIA, DAS ERSTE INTERNET CAFÉ - KAFI KLICK HEUTE 

Urania, das erste Internet Café der Schweiz

Mitte der 90er Jahre schwappte ein neuer Trend nach Zürich: das Internet trat seinen Siegeszug an. Ende 1995 eröffnete im Parkhaus Urania das erste Internet-Café der Schweiz. Wieviel kostete eine Stunde surfen? 15 Franken! Du findest 15 Franken pro Stunde happig? Die Betreiber erhöhten den Preis schon bald auf 25 Franken. "Im Internet Cafe an der Uraniastrasse kann man Pizza essen, Web surfen und Cafe trinken." warben die Betreiber stolz. Heute sind fast alle Internet Cafés verschwunden. Und trotzdem, einige gibt es noch!

Kafi Klick - Digitalisierung ist kein Segen für alle

Dass die Nachfrage nach Internetcafés für sozial Benachteiligte gross ist, bestätigt Fabian Weiler, Co-Leiter des «Kafi Klick». Er spricht von einem «digitalen Graben»: Viele von Armut betroffene Menschen hätten weder das Geld noch die nötige Bildung, um sich Zugang zum Internet zu verschaffen. Ihnen fehle der Zugriff auf wichtige Informationen und Kommunikationskanäle. Indem man diesen Menschen Computer und Unterstützung anbiete, könne die Abwärtsspirale durchbrochen werden, die oft mit der Erwerbslosigkeit beginne und zur sozialen Isolation führe: «Unsere Arbeit erleichtert die Teilhabe an der Gesellschaft.» 

Die Corona Krise hat die Armut in der Schweiz verschärft. Tausende standen von heute auf morgen ohne Arbeit und Einkommen da. Die Mitarbeitenden im Kafi Klick sind tagtäglich damit konfrontiert, wie zermürbend die Suche nach einer Arbeitsstelle, nach einer Wohnung oder nur schon die Bewältigung der behördlichen Korrespondenz sein kann. Die ausserordentliche Situation in den letzten Monaten intensivierte nicht nur die enorme psychische Belastung der Armutsbetroffenen, sondern auch die der Mitarbeiter des Treffpunkts. Seit dem Ende des ersten Lockdowns war das Kafi Klick immer offen. Und das wird es hoffentlich auch bleiben. Wir haben gelernt, dass nicht jeder zu Hause bleiben kann, wenn er kein Zuhause hat. Für Menschen, die in einer Krise stecken, bedeuten solche Institutionen, Anlaufstellen und Gassenküchen das Leben!


PROFESSOR SAUERBRUCHS HEIMLICHE LEIDENSCHAFT

Die „nur der Arbeit“ gewidmete Zeit in Zürich beschreibt Sauerbruch als die glücklichste seines Lebens. Warum das wohl so war?
1910 erhielt Ferdinand Sauerbruch, der in Breslau mit seiner Unterdruckkammer für Operationen am offenen Brustkorb berühmt geworden war, seinen ersten Lehrstuhl, in Zürich. Als Direktor der Chirurgischen Klinik und Poliklinik des Kantonsspitals war er bei seinen Studenten ein gefürchteter Prüfer, aber ein sehr beliebter Dozent. In seiner Familie hatte der selbstbewusste Chirurg offenbar weniger Autorität: als man bei Tische über einen unerwarteten Todesfall sprach, fragte ihn sein Sohn Hans streng «Hast Du ihn operiert?». Eine andere Anekdote berichtet von einem Besuch von Zürcher Politikern, wo Hans mit seinen beiden jüngeren Brüdern im Sandkasten eine Stadt gebaut hatte; zu einem besonders gelungenen Haus erklärte Hans «Das ist das Kantonsspital, wo der Vater arbeitet», und auf die Frage «Was ist der grosse Platz dahinter» antwortete er «Das ist der Friedhof».

Medizinisch mit Zürich verbunden wird die «Sauerbruch-Hand» (1916), die er mit Fachleuten der Anatomie und des Polytechnikums entwickelt hatte. Sauerbruch beschäftigte sich mit der Konstruktion künstlicher Glieder sowie der Nutzung der nach einer Amputation noch vorhandenen Muskeln zur Steuerung beweglicher Prothesen. 

Ferdinand verkehrte in seiner Zürcher Zeit, wie viele andere Berühmtheiten, regelmässig in der Kronenhalle, wo er bevorzugt Champagner trank. Und das am liebsten bereits am Morgen! Ein Chefarzt, der zum Frühstück Champagner trank, kam im bürgerlichen Zürich überhaupt nicht gut an. Nach Absprache mit seinem Kellner, liess sich Professor Sauerbruch den Champagner von da an im Kaffeekrüglein servieren.


DIE DREI BUCHEN AUF MANEGG UND DAS BETROGENE MÄDCHEN

Auf der Höhe des Üetliberges lag vor hunderten von Jahren die Burg Manegg. Im 14. Jahrhundert war es der Wohnsitz der berühmtesten und mächtigsten Adelsfamilie Zürichs – der Manesse. Trotz des edlen Stammbaumes gab es auch üble Genossen bei der Adelsfamilie, die den Ritterkodex nicht schätzten. Ein berüchtigter Schlossherr von Manegg soll sogar ein gewissenloser Verführer gewesen sein, der ein armes Bauernmädchen in ihren Untergang trieb. Der Edelmann soll die schöne Bauerntochter mit trügerischen Treueschwüren verführt haben und überredete das arme Mädchen auf ein nächtliches Stelldichein bei den drei Buchen, in der Nähe der Burg.

Kaum hatte er das Mädchen für sich gewonnen, zeigte er sein wahres Gesicht und stiess die junge Frau von sich. In ihrer Verzweiflung schleppte sich das betrogene Mädchen vor die Tore der Burg und rief nach ihrem Geliebten. Nur mit höhnischem Gelächter reagierte der Burgherr auf die verzweifelten Rufe und hetzte die Hunde auf das unschuldige Mädchen. Ohne Hoffnung und mit gebrochenem Herzen rettete sich das Mädchen zu den drei Buchen, wo sie ihr trauriges Leben mit eigener Hand beendete.

In stürmischen Nächten soll an dieser Stelle ein flackerndes Feuer und eine weisse Gestalt zu sehen sein, die ihre Hände zum Himmel regt.


DIE GEBURT VON DADA

Am 5. Februar 1916 wurde im Cabaret Voltaire Dada geboren. Es war der Beginn der avantgardistischen Kunstbewegung, die das Kunstverständnis weltweit veränderte. Als die Künstlerkneipe Voltaire eröffnete, war Europa bereits zwei Jahre im Krieg und viele Künstler, Oppositionelle und Intellektuelle hatten Zuflucht in der grössten Stadt der Schweiz gefunden. Das soziale Leben spielte sich zum grössten Teil in Kaffeehäusern, Variétés und Cabarets ab, vorzugsweise im Rotlichtviertel Niederdorf. Hugo Ball und Emmy Hennings waren aus Deutschland geflüchtet, Hans, bzw. Jean Arp aus dem Elsass, Tristan Tzara und Marcel Janco aus Rumänien. Zusammen mit der Schweizerin Sophie Täuber gründeten sie ein internationales Cabaret. 

Das Cabaret Voltaire war Treffpunkt und Versuchslabor neuer Ausdrucksformen, wie dem Laut- und Simultangedicht, intermedialen Aufführungen sowie neuen Bewegungsformen. Dada rüttelte die Menschen auf. Die Soiréen waren leicht chaotisch, da das Publikum angehalten wurde, lauthals mitzumachen.

Als 2002 Stimmen für eine Umnutzung des Gebäudes an der Spiegelgasse 1 laut wurden, besetzten einige Künstler kurzerhand das Haus und rückten dadurch die Bedeutung des Cabaret Voltaires als wichtigen Drehpunkt der Kunstgeschichte ins Bewusstsein der Zürcher. 


FRIEDENSPARTY IN ZÜRICH

Die Zürcher feierten den neuen Frieden in Europa

Am 8. Mai 1945 löste die offizielle Verkündung, dass der zweite Weltkrieg beendet war, in der Schweiz einen Freudentaumel aus. Es war das Ende des grössten und grausamsten Kriegs, den die Menschheit bis dahin erlebt hatte: Über 60 Millionen Menschen starben, mehr als sechs Millionen europäische Juden wurden systematisch ermordet. Die Nachricht vom Ende des Grauens in Europa löste Freude und Erleichterung aus.

Die neutrale Schweiz war eines der ganz wenigen Länder Europas, die den Konflikt unbeschadet überstanden. Dennoch bekamen die Menschen den Krieg auch hier zu spüren: mit der Mobilisierung der Schweizer Armee, der Angst vor einem Einmarsch der Hitler-Truppen, den Rationierungen und Einschränkungen aller Art.

Kurz nach zehn Uhr vormittags des 8. Mai 1945, es war ein strahlend schöner Tag, wurde die offizielle Friedensbotschaft von der Bundeskanzlei an alle Kantonsregierungen übermittelt, zuerst telefonisch und anschliessend via Telegramm: «Schluss der Feindseligkeiten offiziell festgestellt – die Glocken sollen läuten heute ab 20 Uhr.»


In Zürich hielt man sich nicht an den Bundesbefehl. Der Zürcher Regierungsrat hatte beschlossen, die Bevölkerung nicht so lange warten zu lassen, sondern ordnete schon um 11 Uhr vormittags ein halbstündiges Glockenläuten an – zuerst erklangen die Glocken der St.-Peter-Kirche, nach und nach stimmten alle anderen Kirchen ein, zur Freude der Zürcherinnen und Zürcher, die dieses lange erwartete Signal auf der Quaibrücke begrüssten. Schulkinder liefen mit wehenden Fahnen und vaterländische Hymnen singend durch die Strassen. Der Zürcher Regierungsrat hatte die Gemeinden angewiesen, am 8. Mai 1945 Dankgottesdienste zu begehen, aber auf «weltliche Feiern» zu verzichten. Doch die Stadtzürcher foutierten sich darum. Firmen, Geschäfte und Ämter blieben – wie sie auf Tafeln verkündeten – «Wegen Kriegsende geschlossen». Die Menschen strömten in nie gesehenen Scharen auf die Strassen.


VON ZÜRICH AUS DIE WELT EROBERT

Der König unter den Sparschälern ist in Zürich geboren.
1947 lässt der Zürcher Erfinder Alfred Neweczeral ein Schälgerät für Kartoffeln, Gemüse und Obst patentieren. Der wahrscheinlich beste Sparschäler der Welt ist seither aus keiner Küche mehr wegzudenken. Das Erfolgsprinzip ist einfach: Ein Griff aus Aluminium, darin verankert eine querliegende Kohlenstoffstahl-Klinge. Produziert wird der kultige Designklassiker in Affoltern am Albis. Pro Jahr werden über 2 Millionen Sparschäler hergestellt und 60% davon ins Ausland exportiert. 


VOM "GAR GUTEN LEHM" ZUR ZIEGELHÜTTE

Auf einer Anhöhe über Schwamendingen, am Waldrand des Zürichbergs, fand Heini Hüwiner aus Bassersdorf anfangs des 16. Jahrhunderts, an einem Bach «gar guten Lehm».
Mit der Einwilligung des Grossmünsters baute er 1543 ein Wohnhaus, einen Ofen und eine Hütte, um die Ziegel zu brennen und betrieb sein Handwerk zusammen mit seinen Söhnen. Dem Grossmünster war er einen Pachtzins schuldig, ebenfalls für das Weiderecht seines Pferdes, und er musste seine Ziegel den Schwamendingern zu einem Vorzugspreis anbieten.

Den Bauern war der Ziegler ein Dorn im Auge: Immer wieder vergass er ihre Kuhgatter zu schliessen oder sie beschwerten sich beim Grossmünster Stift, weil er den Weg versperrte oder über Waldschäden durch den Lehmabbau. Um die Ziegel brennen zu können, benötigte er viel Holz, welches er den Bauern abkaufen musste. 1561 hatte er genug und verkaufte sein Gewerbe an Peter Bräm. Dieser stellte ohne Bewilligung eine Scheune auf – und wurde dafür gebüsst. Er durfte sie stehen lassen, unter der Bedingung, dass er sie nicht zum Wohnen ausbaute. Sechs Jahre später musste er wieder gebüsst werden, weil er ausserhalb der erlaubten Stelle Lehm abgebaut hatte, die Ziegel an Hafner in der Stadt verkauft hatte und dafür nicht einmal Steuern abgegeben hatte. Zudem hatte er die Scheune widerrechtlich ausgebaut! Auch die nachfolgenden Pächter der Ziegelei gerieten immer wieder in Streit mit den Bauern, denn das Brennholz war knapp und die Stellen, an denen sie Lehm abbauen durften, waren begrenzt. Die Lage des Ziegler verbesserte sich erst, als das Grossmünster die Ziegelei an den Pächter verkaufte. Bis 1873 wurden in der Ziegelhütte Ziegel hergestellt. Seither ist sie eine weit über die Grenzen von Schwamendingen berühmte Ausflugsbeiz mit Aussicht.


RIP - EIN SOZIAL-HELD AUF DEM FRIEDHOF SIHLFELD

Henry Dunant, geboren 1828 in Genf, wurde soziales Engagement in die Wiege gelegt: seine einflussreichen Eltern setzten sich für Arme, Kranke, Waisen und Häftlinge ein.

Mit 18 Jahren rief er, zusammen mit gleichgesinnten Freunden, die «Donnerstags-Vereinigung» ins Leben, die sich um Hungernde und Kranke kümmerte. Seine freien Abende verbrachte der Bankangestellte mit Gefängnisbesuchen und half armen Menschen. 1859 wurde er Zeuge des Elendes der Schlacht bei Solferino, in der Napoleon die Österreicher bekämpft hatte. Auf dem Schlachtfeld lagen 38'000 Verwundete, Sterbende und Tote, ohne dass ihnen jemand Hilfe leistete. Spontan organisierte er mit Freiwilligen aus der Umgebung eine notdürftige Versorgung und funktionierte die grösste Kirche des nahe liegendsten Städtchens in ein Hospital um. Bei der Behandlung machte er keinen Unterschied zwischen Österreichern und Franzosen, «tutti fratelli» (=alles Brüder) war das Credo. 

Zurück in Genf verarbeitete er sein Trauma indem er das Buch «Un souvenir de Solferino» schrieb, indem er seine erwachende Idee formulierte, auf der Basis der Neutralität in allen Ländern Hilfsorganisationen zu gründen, die sich bei einer Schlacht um die Verwundeten sorgen. Anschliessend verteilte er es an führende Persönlichkeiten aus Politik und Militär in ganz Europa. 1863 gründete er zusammen mit Gleichgesinnten das Internationale Komitee des Roten Kreuzes IKRK. Die ein Jahr später, von den ersten 12 Staaten unterschriebene Genfer Konvention, geht wesentlich auf Dunants Ideen zurück.

Quelle: Zu Fuss durch Zürich, Coco Petit


DIE GESCHICHTE EINES DER HÜBSCHESTEN CAFÉS: FELIX 

Felix’ Geschichte beginnt vor 45 Jahren, im Café Schober.

Werner Wollenberger, der legendäre Regisseur und Autor des Cabarets “Café Fédéral”, der sogar Stücke für die Münchner «Kleine Freiheit» schrieb, übernahm das Lokal zusammen mit Felix Daetwyler. Felix verwandelte die historische Conditorei mit Unmengen von Crepe Papier Blumen in ein «Paradies für Naschkatzen» und entwarfen dazu passende Praliné Verpackungen. An der Eröffnung servierte Stefanie Glaser, wohl eine der beliebtesten Schweizer Kabarettistinnen, den Gästen «Süsses und Schnäpsli», erinnert sich ein Gast. Die Gäste kamen bald vom In- und Ausland, um die berühmte heisse Trinkschokolade und die Patisserie zu geniessen. Nach 30 Jahren im Schober lockte es Felix ans Bellevue – wo er bis heute Köstlichkeiten serviert.


SKANDAL UM MATHILDE

Der deutsche Seidenfabrikant Otto Wesendonck kaufte 1851 ein Grundstück in der Enge und liess eine Wohnvilla mit zauberhaftem Park gestalten. Zur gleichen Zeit flüchtete Richard Wagner nach dem Dresdner Maiaufstand überstürzt und mit gefälschtem Pass nach Zürich. Er folgte seinem Freund, Gottfried Semper und vielen anderen Revolutionskämpfern in die Schweiz. Die durch ihre Bürger demokratisch regierte Stadt war ein guter Nährboden der freigeistigen Gesinnung – und Wagner wurde zum gefeierten Mittelpunkt des Zürcher Kulturlebens. Der grosszügige Kunstmäzen Wesendonck stellte Wagner und seiner Frau Minna ein Nebenhaus zur Verfügung. Wagner empfing viel Besuch, unter anderem von Franz Liszt und seiner Tochter Cosima. Seine Zürcher Jahre waren sehr produktiv: er entwickelte zum ersten Mal die Idee zu Festspielen, dichtete die Ring-Nibelungen, las sie öffentlich vor, komponierte Opern und Libretti, schrieb Regie Anweisungen und gab Konzerte, die er selber dirigierte. In der schönen Frau seines Gastgebers, Mathilde, fand er eine Muse, die ihn inspirierte und für die eine erotische Passion aufflammte. Als seine Frau Mina einen Liebesbrief an Mathilde fand, kam es zum Eklat: das Ehepaar trennte sich. Minna ging zurück nach Dresden und Richard zog weiter nach Venedig. Jahre später verkaufte Wesendonck die Villa samt Park an den Winterthurer Adolph Rieter. Heute befindet sich auf dem Anwesen das Museum Rietberg.

Quelle: Zu Fuss durch Zürich, Coco Petit